Was ist ein Defizitbescheid in der Pflege?
Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen führt dazu, dass im Ausland immer mehr Gesundheitsfachkräfte angeworben werden. Jedoch stellt sich oft die Frage nach der Äquivalenz ihrer Berufsqualifikationen im Vergleich zu den deutschen Standards. Dies ist nicht nur für den Arbeitgeber von Bedeutung, sondern auch für die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung in den Gesundheitseinrichtungen.
In diesem Zusammenhang spielen der Defizitbescheid auch Feststellungsbescheid genannt, eine entscheidende Rolle. Er dient dazu, die ausländischen Qualifikationen mit den in Deutschland geltenden Standards zu vergleichen und entsprechend anzuerkennen. Erfahren Sie in diesem Artikel alles, was Sie zum Defizitbescheid wissen müssen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Defizitbescheid (auch Feststellungsbescheid) bewertet die Qualifikation ausländischer Pflegefachkräfte in Deutschland und gibt an, was für eine vollständige Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses nötig ist.
- Ziel ist die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit deutschen Ausbildungsstandards.
- Die Erteilung erfolgt nach der Prüfung von eingereichten Unterlagen (u.A. Nachweise über die Ausbildung im Ausland und der Arbeitserfahrung im Ausland) und einem Vergleich mit deutschen Ausbildungsinhalten.
- Ergebnisse des Bescheids können vollständige Anerkennung, teilweise Anerkennung oder eine Ablehnung sein.
- Antragstellung erfolgt bei den zuständigen Anerkennungsstellen je Bundesland.
Was ist ein Defizitbescheid in der Krankenpflege?
Für die Einstellung einer ausländischen Pflegefachkraft in Deutschland gibt es zu erfüllende Ausbildungsstandards. Zum Vergleich und zur Bewertung der ausländischen Ausbildung gegenüber der deutschen Pflegeausbildung dient der sogenannte Defizitbescheid.
Er bezieht sich auf die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Deutschland. Das bedeutet, dass eine Person eine Ausbildung zur Pflegefachkraft im Ausland abgeschlossen hat. Um in Deutschland in diesem Beruf arbeiten zu können, wird die Berufsqualifikation geprüft. Die Einschätzung dessen wird in einem Defizitbescheid dokumentiert.
Wer braucht den Defizitbescheid und warum?
Alle Berufsprofile in der Pflege sind reglementiert. Das bedeutet, dass Personen aus dieser Berufsgruppe nur in Deutschland arbeiten dürfen, wenn sie eine bestimmte Qualifikation vorweisen können. Sprich, es bedarf bei ausländischen Pflegefachkräften unabhängig vom Herkunftsland, immer eines offiziellen Anerkennungsverfahrens der Berufsqualifikation, dem der Feststellungsbescheid als Grundlage dient. So stellt Deutschland sicher, dass alle ausländischen Pflegekräfte in der Ausübung ihrer Profession den nationalen Standards entsprechen.
Hauptsächlich benötigen ihn angeworbene Pflegefachkräfte aus dem Ausland, die in Deutschland arbeiten möchten. Dies gilt sowohl für EU- als auch für Nicht-EU-Bürger, also Pflegefachkräfte aus sogenannten Drittstaaten. Für Nicht-EU-Bürger ist der Bescheid darüber hinaus ein erforderliches Dokument für den Visumantrag oder die Aufenthaltsgenehmigung sein, um in Deutschland arbeiten zu dürfen.
Was ist die gesetzliche Grundlage?
Als gesetzliche Grundlage dienen das jeweilige Ausbildungsgesetz und das Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (kurz: Berufsanerkennungsgesetz). Dies sind beides Bundesgesetze, die deutschlandweit gelten. Durch die föderalistische Struktur in Deutschland unterscheiden sich jedoch die Beantragung und die zuständigen Stellen.
Wie ist der Prozess?
- Antragstellung: Die Pflegefachkraft stellt einen Antrag auf Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikationen bei der zuständigen Stelle. Das erfolgt bei zuständigen anerkennenden Stellen in den jeweiligen Bundesländern. Das können beispielsweise Landesämter oder Regierungspräsidien sein.
- Überprüfung: Die zuständige Stelle prüft die eingereichten Unterlagen (z.B. Zeugnisse, Diplome) und vergleicht die Inhalte der ausländischen Ausbildung mit den entsprechenden deutschen Ausbildungsinhalten.
- Ergebnis: Nach Abschluss der Prüfung erhält die Person ihren Defizitbescheid. Dieser kann folgende Ergebnisse beinhalten:
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- Volle Gleichwertigkeit: Wenn die ausländische Qualifikation im Wesentlichen der deutschen Ausbildung entspricht, wird ein sogenannter Gleichwertigkeitsbescheid erteilt.
- Teilweise Anerkennung: Es werden Unterschiede in der Qualifikation festgestellt. In diesem Fall wird eine Ausgleichsmaßnahme, z.B. ein Anpassungslehrgang oder eine Kenntnisprüfung gefordert.
- Ablehnung: Die Qualifikation wird nicht anerkannt, weil sie zu stark von der deutschen Ausbildung abweicht.
Wo beantrage ich den Defizitbescheid?
Der Defizitbescheid in der Pflege wird von den zuständigen Anerkennungsstellen in den Bundesländern ausgestellt. Pflegefachkräfte müssen sich an die Anerkennungsstelle ihres Bundeslandes wenden, in dem sie arbeiten möchten. Der Antrag kann durch eine Vollmacht auch durch einen Dritten gestellt werden.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Anerkennungsprozess und die zuständigen Stellen je nach Bundesland variieren. Das bedeutet, jedes Bundesland hat eigene zuständige Stellen und beispielsweise auch im zeitlichen Ablauf gibt es Unterschiede. Wer sich also für eine Anerkennung in Deutschland interessiert, sollte sich genau über die Anforderungen und den Ablauf in seinem Bundesland informieren.
Wie lange braucht ein Feststellungsbescheid?
Die Dauer bis zur Erteilung kann je nach Bundesland und der Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen variieren. Generell raten wir hier, mit mehreren Monaten zu rechnen.
Was mache ich bei einer teilweisen Anerkennung?
Bei einer teilweisen Anerkennung hat die Pflegefachkraft folgende zwei Optionen:
Anpassungslehrgang
Der Anpassungslehrgang gleicht Ausbildungsunterschiede ausländischer Pflegekräfte gegenüber deutschen Standards aus. Die Inhalte können dabei praktischer und theoretischer Natur sein. Mit dem Neuen Ausbildungsgestz (PflBG) sind die Vorgaben der Landesbehörden vermehrt theoretische Inhalte. Die einzelnen zu leistenden Stunden in den jeweiligen Bereichen variieren je nach Herkunftsland und Bundesland teilweise stark. Nach Erfolg wird die ausländische Qualifikation in Deutschland anerkannt.
Kenntnisprüfung
In der Kenntnisprüfung wird geprüft, ob die angeworbene Pflegekraft die deutsche Ausbildungsstandards erfüllen kann. Geprüft wird in Abhängigkeit vom Defizitbescheid entweder nach Krankenpflegegesetz (KrPflG) oder nach Pflegeberufegesetz (PflBG). Sie besteht aus theoretischen und praktischen Teilen, um Fachwissen und Fähigkeiten zu bewerten. Sie ist vergleichbar mit der Examensprüfung in der Pflege. Nur ein schriftlicher Teil ist nicht erforderlich.
Nach Bestehen ist die Berufsausübung als Gesundheits- und Krankenpfleger:in bzw. Pflegefachfrau/-Mann in Deutschland möglich. Die Anforderungen variieren jedoch nach Bundesland und zuständiger Anerkennungsstelle.
Wichtig: Die Kenntnisprüfung kann nur einmal wiederholt werden. Ratsam ist es hier, einen Vorbereitungskurs auf die Kenntnisprüfung zu besuchen, um sich optimal auf die Prüfung vorzubereiten.
Nach bestandener Prüfung erhalten Pflegefachkräfte ihre Berufsurkunde. Diese berechtigt zur Berufsausübung in ganz Deutschland und ist nicht von einer regulären Examensurkunde zu unterscheiden.
Was ist der Unterschied zwischen einem Anpassungslehrgang und einer Kenntnisprüfung?
Die beiden Optionen unterscheiden sich weniger in der Zielsetzung, als in der Form.
Anpassungslehrgang
- Ziel: Ausgleich festgestellter Unterschiede zwischen der ausländischen und der deutschen Qualifikation.
- Form: Kann theoretische Schulungen oder Praktika umfassen und erstreckt sich oft über einen längeren Zeitraum.
Kenntnisprüfung
- Ziel: Überprüfung, ob die ausländische Pflegefachkraft die für den deutschen Beruf erforderlichen Kompetenzen besitzt.
- Form: Eine Prüfung, die sowohl theoretische als auch praktische Elemente enthält und in der Regel an einem festgelegten Termin stattfindet.
Kurz gesagt: Der Anpassungslehrgang ist eine Art Nachqualifizierung, während die Kenntnisprüfung eine terminierte Abschlussprüfung ist, vergleichbar mit einer Examensprüfung in der Pflegeausbildung ohne schriftlichen Teil.
Match Empfehlung zum Defizitbescheid
Der Anpassungslehrgang variiert in der Länge und erschwert Gesundheitseinrichtungen die Planung. Trotz seines theoretischen Inhalts fehlt oft Praxiswissen und er ähnelt eher einem Praktikum. Für die Einrichtungen selbst gibt es außerdem kein Konzept für die praktische Einarbeitung. ist er somit eher für Pflegekräfte mit breiter Berufserfahrung empfehlenswert.
Kenntnisprüfungen mit Vorbereitungskursen, besonders bei verlässlichen Bindungspartnern, sind mit einer verkürzten Pflegeausbildung zu vergleichen. Durch eine vorher definierte Kursdauer ist der Vorbereitungskurs für Pflegefachkräfte und Gesundheitseinrichtungen besser planbar.
Da die ausländischen Fachkräfte aber in ihren Heimatländern oftmals schon auf Hochschulniveau ausgebildet sind, ist es ratsamer, durch die Vorbereitungskurse der Kenntnisprüfung Defizite auszugleichen und den Spracherwerb zu fördern. Denn oft sind fehlende Sprachkenntnisse für eine längere Dauer im gesamten Anerkennungsprozess verantwortlich. Deshalb ist es ratsam, auf einen Bildungsanbieter zu setzen, der neben fachlichen Inhalten auch alles rund um Fachsprachenqualifizierung mit anbietet.
Unser Lingoda Bildungsprogramm bietet beispielsweise als Vorbereitungskurs einen verkürzten Zeithorizont in der Durchführung, Praxis- als auch Theoriewissen, Spracherwerb und den Vorteil, durch die Förderbarkeit kostenfrei zu sein.
Fazit
In Deutschland dient der Feststellungsbescheid zur Bewertung und Anerkennung von Qualifikationen ausländischer Pflegefachkräfte.
Ziel ist es sicherzustellen, dass diese den nationalen Ausbildungsstandards entsprechen. Der Bescheid wird nach einer gründlichen Prüfung der eingereichten Unterlagen und einem Vergleich mit deutschen Ausbildungsinhalten erstellt.
Bei festgestellten Unterschieden kann eine teilweise Anerkennung erfolgen, wobei die Pflegefachkraft entweder einen Anpassungslehrgang (Nachqualifizierung) oder eine Kenntnisprüfung (Kompetenzüberprüfung) absolvieren muss. Beide Maßnahmen zielen darauf ab, die Berufsausübung in Deutschland zu ermöglichen und sicherzustellen, dass die Pflegefachkraft den deutschen Standards entspricht.
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