Diversity Management: Chancen, Herausforderungen & Lösungsansätze
In einer globalisierten Welt ist Diversity zu einem zentralen Thema geworden, das sowohl die Gesellschaft als auch die Arbeitswelt prägt. Insbesondere im Gesundheitswesen, angesichts von Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel, gewinnt Diversity Management zunehmend an Bedeutung. Diese Einführung bietet einen Überblick über die Relevanz und Umsetzung von Diversity Management in der Pflege.
Das Wichtigste in Kürze
- Diversity: Umfasst Geschlecht, Herkunft, Alter, soziale Herkunft, Religion/Weltanschauung, körperliche/geistige Fähigkeiten, sexuelle Orientierung/Identität
- Diversity Management: Strategische Nutzung von Vielfalt und Streben nach Chancengleichheit
- Chancen: Kosteneffizienz, Personalmarketing, Teambuilding, Mitarbeiterbindung, transkulturelle Kompetenz & Flexibilität
- Herausforderungen: Diskriminierungserfahrungen, Kommunikationsprobleme, unklare Verantwortlichkeiten, mangelnde Sensibilisierung
- Lösungsansätze: Ernstnehmen von Diskriminierung, Schulungen, klare Verantwortlichkeit, transparente Kommunikation, Sensibilisierung durch Workshops und Schulungen, Einbindung der Führungsebene
Definition Diversity Management
Diversity, das englische Äquivalent zu Diversität, wird oft als Synonym für Vielfalt verwendet. Allgemein werden folgende Dimensionen von Diversität unterschieden:
- Geschlecht
- Herkunft, Ethnie und/oder Nationalität
- Alter
- Soziale Herkunft
- Religion und/oder Weltanschauung
- Körperliche und geistige Fähigkeiten
- Sexuelle Orientierung bzw. Identität
Das sogenannte Diversity Management beschreibt die strategische Nutzung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Teammitglieder in den Unternehmen sowie den Ansatz, Chancengleichheit zu verwirklichen: Unabhängig der oben genannten Dimensionen soll es Menschen möglich sein, sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln, ohne dabei eine Benachteiligung zu erfahren. Diversity Management bedeutet also auch: Die Arbeitsumgebung sollte sich an die Menschen anpassen und weniger umgekehrt.
Rechtliche Grundlagen im Diversity Management
Im Jahr 2000 erließ die EU die Gleichbehandlungsrichtlinien, in Deutschland folgte 2006 das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG), umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt. Dort werden potenzielle Diskriminierungsgründe, wie ethnische Herkunft, Alter, Geschlecht, Religion oder sexuelle Identität aufgelistet. In §1 des AGG heißt es entsprechend: “Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.”
Das AGG z.B. verpflichtet Arbeitgeber:innen dazu, Stellenausschreibungen merkmalsneutral zu formulieren und Schulungen anzubieten. Viele Einrichtungen beschäftigen zudem Gleichstellungs- oder Antidiskriminierungsbeauftragte, um Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz zu erfassen, zu verhindern und Konflikte zu lösen.
Chancen & Potenziale
Diversity Management bietet zahlreiche Chancen, um vielfältige Hintergründe und Erfahrungen anzuerkennen und zu ihrer Entfaltung zu bringen.
Vorteile eines erfolgreichen Diversity Managements sind:
- Kosten: Durch zufriedene Teams reduzieren sich Kosten, da Fehlzeiten sowie Fluktuation verringert werden.
- Personalmarketing: Eine an Diversität ausgerichtete Personal- und Einstellungspolitik schafft Zugang zu einem breiten Talentpool. Dadurch wird Wettbewerbsfähigkeit geschaffen und der Ruf als attraktiver Arbeitgeber gestärkt.
- Teambuilding und Mitarbeiterbindung: Mitarbeiter:innen fühlen sich sowohl dem Unternehmen als auch den Teams zugehörig, was zu einer gesteigerten Motivation und Zufriedenheit führt. Somit bleiben sie ihren Arbeitgebern oftmals auch länger erhalten.
- Transkulturelle Kompetenz: Wichtig ist, Teams durch Workshops und Schulungen transkulturelle Kompetenzaneignung zu ermöglichen. Das wirkt sich positiv auf das Teamklima aus, da Diversität respektvoll anerkannt und gelebt wird. Durch diverse Teams ist auch eine verbesserte Patient:innenversorgung möglich, da dadurch auch vielfältige Patient:innengruppen ggf. leichter Vertrauen zu Menschen aus ihrem Kulturkreis entwickeln.
- Flexibilität: Eine breite fachliche Expertise sowie unterschiedliche Erfahrungshintergründe können zu einer schnellen Anpassungsfähigkeit der Teams an Veränderungen führen und zur Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit beitragen.
- Innovationsförderung: Durch vielfältige Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter:innen entstehen kreative Lösungen für vielseitige Probleme.
Herausforderung & Lösungsansätze
Trotz der zahlreichen Vorteile, die Diversity Management bietet, stehen Organisationen in der Umsetzung häufig vor Herausforderungen. Ein effektives Gelingen erfordert ein Umdenken von der Führungsebene bis zu den Mitarbeiter:innen. Aspekte wie z.B. Widerstände gegen Veränderungen oder stereotype Denkmuster können den Prozess nachhaltig beeinträchtigen.
Diskriminierung ernst nehmen
Diskriminierungen bzw. diskriminierendes Handeln sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar oder werden oftmals bagatellisiert. “Das war bestimmt nicht so gemeint.” Wichtig ist, die Perspektive der Betroffenen zu verstehen, sie in ihren Diskriminierungserfahrungen ernst zu nehmen, ihnen zuzuhören, die Situation zu reflektieren und ggf. Maßnahmen zu ergreifen. Oft müssen Verhaltens- und Denkmuster sowie Unternehmensstrukturen, die Benachteiligungen begünstigen, genau analysiert werden, um anschließend die Unternehmens- und Teamwerte anzupassen. Wichtig ist zudem, dass Menschen, die sich diskriminiert fühlen, eine Ansprechperson haben, an die sie sich im Vertrauen wenden können. Diese Person sollte entsprechend geschult sein. Auch Handlungsleitfäden für die Organisation und die Mitarbeiter:innen können eine gute Orientierung bieten.
Kommunikation
Intransparente oder mangelnde Kommunikation bezüglich der Gründe, Ziele und Maßnahmen, die mit Diversity Management und den dafür zuständigen Personen verbunden sind, können in der Belegschaft Misstrauen auslösen. “Warum brauchen wir das?” “Haben wir keine anderen Probleme?”. Daher ist regelmäßige und offene Kommunikation notwendig. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter:innen früh über Ihre Pläne und laden Sie sie ein, sich am Prozess zu beteiligen.
Unklarer Verantwortungsbereich
Interne Organisationsprobleme können das Diversity Management behindern. Daher ist eine klare Verantwortungsübernahme innerhalb der Organisation entscheidend.
Mangelnde Sensibilisierung
Oftmals gibt es in Teams Kolleg:innen mit Vorbehalten oder Ängsten vor Veränderung. Hier hilft es, das gesamte Team für Vielfalt und die damit verbundenen Potenziale durch Workshops und Schulungen zu sensibilisieren und zu unterstützen. Wichtig ist: Jedes Team und jedes Teammitglied hat sein eigenes Tempo. Zudem benötigen Teams hierfür ausreichend Zeit und geschützte Räume, in denen sie sich – am besten mit Hilfe von geschultem Personal (bspw. Diversity Trainer:innen, Supervisor:innen etc.) – mit entsprechenden Themen und Fragen beschäftigen können.
Führungsebene
Vor und bei der Einführung von Diversity Management muss der Belegschaft vermittelt werden, dass die Führungsebene auch die notwendigen Ressourcen hierfür bereitstellt und den gesamten Prozess unterstützt. Offenheit, Toleranz und Wertschätzung in Bezug auf Diversität müssen von der Führungsebene vorgelebt werden. Dafür ist es unabdingbar, dass nicht nur die Teams, sondern ebenso Führungskräfte durch Trainings geschult werden.
Schwierige Messbarkeit
Zwischenmenschliche Beziehungen und subtile Machtdynamiken sind schwer messbar. Qualitative Messinstrumente wie regelmäßige Check-ins mit einzelnen Mitarbeitenden und dem gesamten Team sowie eine transparente Kommunikation sind entscheidend.
Um Diversität in der Unternehmenskultur wertzuschätzen und zu verankern, braucht es Schulungen, Weiterbildungsmaßnahmen und starke Führung. Besonders Schulungsprogramme und Sensibilisierungsmaßnahmen sind entscheidend, um Pflegekräfte auf die Bedeutung von Diversität vorzubereiten. Interkulturelle Kompetenz, die Reflexion eigener Denk- und Verhaltensmuster sowie der Abbau von Vorurteilen sind Bestandteil einschlägiger Schulungen und Workshops.
Der Erfolg von Diversity Management kann durch messbare Kennzahlen wie die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Patient:innen/Bewohner:innen als auch Personalfluktuation bewertet werden. Diese Kennzahlen bieten Einblicke in die Effektivität der Implementierung und ermöglichen eine gezielte Verbesserung.
Fazit & Ausblick
Demografie, Arbeitsverdichtung, knappe Finanzmittel sowie komplexe Zusammenhänge von mentaler und körperlicher Gesundheit stellen das Gesundheitswesen vor enorme Herausforderungen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der viele Einrichtungen dazu bewegt, ausländische Fachkräfte anzuwerben und in ihre Teams zu integrieren.
Diversity Management bietet einen Ansatzpunkt, um diese Herausforderungen ganzheitlich anzugehen und gleichzeitig soziale Verantwortung und Gerechtigkeit in den Teams und im gesamten Unternehmen zu fördern. Da es keine umfassenden Checklisten gibt, müssen Einrichtungen sich selbst in Bezug auf Diversität reflektieren und Strategien entwickeln, wie diese noch weiter ausgebaut werden können. Dabei ist es wichtig, vor allem anfängliche Hindernisse als Chancen zu betrachten und zu verstehen, dass Diversity Management Mut und Zeit erfordert. Hierbei ist das kontinuierliche Lernen, Reflektieren und die Bereitschaft, sich als Verbündete:r für Vielfalt einzusetzen, unabdingbar.
Die Bedeutung von Diversity Management wird in Zukunft weiter zunehmen. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass Diversität nicht nur eine ethische Verpflichtung, sondern auch ein strategischer Vorteil ist. Unternehmen, die in der Lage sind, eine integrative Umgebung zu schaffen, können sich als Arbeitgeber besser positionieren, um sich aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu stellen.
Mehr zum Thema “Diversity Management in Gesundheitseinrichtungen” erfahren Sie im Beitrag von Julia Zielke und Manuela Verduci in:
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